Tunisreise 1914

7. Mai 2014

Tunisreise 1914

Paul Klee, August Macke und Louis Moilliet unternehmen im Frühjahr 1914 auf Klees Drängen eine Reise nach Tunis und die umliegenden Gebiete. Es ist eine gemeinsame Mal-Expedition, der Schock des Neuen und die gegenseitige Inspiration der Künstler sind gewollt. Die Unternehmung hat schon vor Reiseantritt den Nimbus einer Initiation. Das Zentrum Paul Klee in Bern präsentiert die Früchte der legendären Reise in einer grandiosen Ausstellung.

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In Tunis stellt sich das Erhoffte ein. Die drei Maler erleben einen Schaffensrausch, stimulieren sich gegenseitig bei der Entfaltung ihrer je unterschiedlichen gestalterischen Mittel. In Landschaften, Häusern, Stadtansichten und Alltagsszenen finden sie ein Repertoire elementarer Formen und die ganze Palette der südlich leuchtenden Farben. Klee schreibt: „Die Farbe hat mich. Ich brauche nicht nach ihr zu haschen. Sie hat mich für immer, ich weiss das. Das ist der glücklichen Stunde Sinn: Ich und die Farbe sind eins. Ich bin Maler.“

Interessanterweise ist aber Klee derjenige im Tunis-Trio, in dessen Bildern bei aller Farbigkeit doch Ornamentales und Zeichnerisches die Oberhand behalten. Klees Palette zeigt fast durchwegs abgeschattete, gebrochene Töne. Dies in auffallendem Unterschied zu Macke, der mit kraftvollen Primärfarben arbeitet. Auffallend viele seiner Aquarelle zeigen reines Rot, Gelb und Blau und demonstrieren so gewissermassen die Grundbestandteile ihres expressiven Farbenkosmos. Moilliet wiederum ist derjenige der drei Freunde, der sich am wagemutigsten der Farbe anvertraut. Er lässt sie so intensiv leuchten, dass sie die Gegenständlichkeit und das Formengerüst seiner Blätter überstrahlt (Bild).

Macke wird schon ein halbes Jahr nach der Tunisreise als Soldat in den Ardennen getötet. Moilliet bleibt dem Maghreb verbunden und macht in einem langen Künstlerleben die Aquarellmalerei zum Zentrum seines Schaffens. In Klees Werk sind die Spuren der Tunisreise noch zwei Jahrzehnte lang deutlich sichtbar.

Foto: Louis Moilliet, St. Germain bei Tunis, 1914, Aquarell auf Papier, 20,7 x 26,6 cm, Zentrum Paul Klee, Bern, © 2013 by ProLitteris, Zurich

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